Bearbeiteter Kartenausschnitt aus Baedeker Handbuch, 1892 (Die schwarzen Punkte geben die Wohnstätten Gerhard Windischs in Leipzig an). |
Geschichte und Lage der Schulstraße
Wie auch die Moritzstraße besteht die Schulstraße heutzutage unter einem anderen Namen: der Ratsfreischulstraße. Die 126 m lange Straße führt von der Burgstraße in leicht geschwungenem Verlauf nach Nordwesten und mündet auf den inneren Dittrichring.Die Straße entstand in den letzten Jahren des 18. Jahrhunderts auf dem Gelände des abgebrochenen Zwingers. Im Jahre 1839 erhielt die Straße offiziell den Namen Schulgasse - allerdings war der Name auch vorher schon in Gebrauch gewesen (Namensgeber war die von 1792 bis 1873 auf der Südwestseite der Straße befindliche Ratsfreischule). Zu Beginn war auch der Teil des inneren Dittrichrings zwischen (nunmehriger) Ratsfreischulstraße und Thomaskirchhof zur Schulgasse gehörig.
Am 20. Oktober 1876 wurde die (gesamte) Schulgasse mit Wirkung zum 25.10.1876 in Schulstraße umgetauft. Da mehrere Eingemeindungen Leipzigs eine eigene "Schulstraße" hatten, wurde die Straße am 1. April 2001 in Ratsfreischulstraße umbenannt.
Schulstraße 2 - Marstall, Kornhaus, Landhof, Amtsfrohnfeste und Gasthof
Ausschnitt des 'Stadt-Plan von Leipzig in Vogelschaumanier', 1884. |
Das Haus Schulstraße 2 befand sich an der Ecke zur Burgstraße (auf Karte oben links noch zu sehen). Im Leipziger Adressbuch von 1906 wird auch der Häusername "Weißer Adler" angegeben. Dieser Häusername bestand seit 1761 für das Haus Burgstraße 22 / Schulstraße 2. Dieser Fleck hatte eine bewegte Geschichte hinter sich.
Um das Jahr 1500 lag hier – direkt gegenüber der Pleißenburg – ein kurfürstlicher Marstall. Rund 100 Jahr später stand da ein Kornhaus. Am 4. November 1632 wird erstmals der Name Landhof in einer Urkunde erwähnt. Unter dem Namen Amtsfrohnfeste wurde das Gebäude nach ca. 1700 als Gefängnis sowie als Wohnung des Gefängnis-Inspektors ("Amtsfrohn") gebraucht. Im Jahre 1845 kaufte der Eigentümer des nördlich angrenzenden Gasthofs Weißer Adler den Landhof, ließ ihn abbrechen und auf dem zusammengeführten Grundstück Burgstraße 22/24 einen Neubau errichten, der den Namen "Weißer Adler" übernahm.
Die Bewohner der Schulstraße 2 im Jahre 1906
Bewohner der Schulstraße 2 im 'Leipziger Adreß-Buch' (1906), S. 272. |
Das Haus war sowohl Geschäfts- als auch Wohnhaus, wie eine genaue Betrachtung der Bewohner zeigt:
Eigentümer: Hoffmann, Max, Gastwirt (Wohnhaus und Gasthof: Pfaffendorfer Straße 29 (Tel. I. 3798) -> Zoologischer Garten (vom 1. April in Oberhof, Thüringen)
Wie zu erkennen ist, war die Mehrheit der Geschäfte und Bewohner in der Textilbranche tätig.
Manche Geschäfte ließen sich ebenso unter der Adresse Burgstraße 22–24 aufführen:
Das Haus wird unter der Kataster-Nummer 585/586 und der Grundbuch- und Hypotheken-Nummer 2837 geführt.
Vorderhaus
Parterre
- Kuppi, Robert, Instrum. Transportgeschäft, Piano-Transport (Wohnhaus: Petersstraße 27, Aufg. C. III)
- Carl Loose Nachf., Hoflieferant, Herrenmoden / Herrengarderoben (Tel. I. 587), weitere Niederlassung in Gohlis, Äußere Hallische Straße 121 (Tel. I. 4346). Inhaber: Otto Töpfer
- Paupitz, Emil, Gastwirt (und 3. Geschoss)
- Wagner & Göhlitz, gegr. 1864, Posamentenhandlung: Seiden, Garne, Zwirne, Posamenten, Strumpfwaren (Tel. I. 2352). Inhaber: Bernhard Große. Prokuristen: Paul Rackwitz, Emil Brotze und Adolf Wiese (und 1. und 2. Geschoss)
- Zschausch, Margarete, Kunststickerei (Wohnhaus: Mendelssohnstraße 11III)
Reklamemarke der Firma Wagner & Göhlitz 1897 |
1. Geschoss
- Wagner & Göhlitz, Posamentenhandlung
2. Geschoss
- Wagner & Göhlitz, Posamentenhandlung
3. Geschoss
- Paupitz, Emil, Gastwirt (und Parterre)
4. Geschoss
- Alex, Oskar, Herrengarderobe nach Maß
- Windisch, Theodora, Fräulein, Stickereigesch.
5. Geschoss
- Graack, Anna, Witwe, Strickerin
- Schade, Amalie, Witwe, Aufwärterin (wird im Straßenverzeichnis im vierten Geschoss wohnend angegeben)
Hinterhaus
Parterre
- Schmidt, Otto, Schlosserei (Wohnhaus: Burgstraße 16 IV)
3. Geschoss
- Brasack, Ottilie, Witwe, Arbeiterin
Anzeige des Herrenmodengeschäfts 'Carl Loose Nachf.' im 'Leipziger Adreß-Buch' (1906), S. 40. |
Wie zu erkennen ist, war die Mehrheit der Geschäfte und Bewohner in der Textilbranche tätig.
Manche Geschäfte ließen sich ebenso unter der Adresse Burgstraße 22–24 aufführen:
Bewohner der Burgstraße 22–24 im 'Leipziger Adreß-Buch' (1906), S. 40. |
Das Haus wird unter der Kataster-Nummer 585/586 und der Grundbuch- und Hypotheken-Nummer 2837 geführt.
Ausschnitt aus Stadtplan Leipzigs (zwischen 1850-1892 entstanden) (Quelle: Stplan Kanitz Nr. 58). |
Folgende Postkarte zeigt das Eckhaus Schulstraße 2 / Burgstraße 22–24. Das verwendete Foto entstand bereit um 1885 und wurde von dem bekannten Leipziger Fotograf Hermann Walter aufgenommen. Im Hintergrund rechts ist die Thomaskirche zu sehen.
Zeitraum des Verbleibens der Familie Windisch in der Schulstraße
Laut den Leipziger Adressbüchern wohnt Dora Windisch in den Jahren 1906 und 1907 in der Schulstraße. Im Jahre 1908 ist sie nicht im Adressbuch aufgeführt. Ein Jahr später wohnt sie im Thomaskirchhof 16, III – in der Wohnung, in welcher Gerhard Windisch während seines ganzen weiteren Lebens verbleiben wird. Einen passenden Übergang lässt sich in dem Buch Leipzig von Bechstein und Kleinknecht aus dem Jahre 1846 finden:Ganz nahe der Burg steht die neue Caserne. Vom Schloßplatz leitet die schmale, aber freundliche Schulgasse zum Thomaskirchhof…
Quellen und weiterführende Links
- Karte aus: Baedeker Handbuch für Reisende Nordost-Deutschland - Von der Elbe und der Westgrenze Sachsens an - Nebst Dänemark (1892).
- Ratsfreischulstraße im Leipzig-Lexikon.
- Der Landhof im Leipzig-Lexikon.
- Weißer Adler im Leipzig-Lexikon.
- Ausschnitt 'Stadt-Plan von Leipzig in Vogelschaumanier' (1884).
- Bewohner der Schulstraße 2 im 'Leipziger Adreß-Buch' (1906), S. 272.
- Bewohner der Burgstraße 22–24 im 'Leipziger Adreß-Buch' (1906), S. 40.
- Reklamemarke der Firma Wagner & Göhlitz 1897
- Walter, Hermann: Fotografie. In: Objektdatenbank Stadtgeschichtliches Museum Leipzig.
- Stadt Leipzig, Stadtarchiv: Stplan Kanitz Nr. 58.
- Bechstein, Ludwig; Kleinknecht, V. (1846): Leipzig. Schweinfurt: Kunstverlag von L.V. Kleinknecht & comp., S. 32.
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